Unterrichtsbesuche durch Schulleitung / Schulaufsicht

Unterrichtsbesuche werden von vielen Lehrkräften als unangenehm empfunden. Vielfach wird in ihnen sogar ein unzulässiger Eingriff in die Unterrichtspraxis und Erziehungsarbeit gesehen. Dies ist jedoch NICHT der Fall!

Der den Lehrkräften zustehende pädagogische Spielraum ist nicht unbegrenzt. Unterrichtsbesuche durch Schulleitung und Schulaufsicht dienen der Überprüfung, ob die Grenzen dieses Spielraums eingehalten werden.

Wie jeder Beschäftigte auch, haben es Lehrkräfte im Rahmen ihrer dienstlichen Pflichten daher zu akzeptieren, das ihre Arbeitsleistung durch Unterrichtsbesuche überprüft wird.

Unterrichtsbesuche durch Eltern dienen darüber hinaus dazu, die den Erziehungsberechtigten durch das Schulgesetz eingeräumten Informationsrechte zu verwirklichen und die in §4 Abs. 1 Satz 1 SchulG vorgesehene Zusammenarbeit von Schule und Erziehungsberechtigten zu verstärken.


Unterrichtsbesuche durch die Schulleitung

Die Befugnis zur Durchführung von Unterrichtsbesuchen durch denSchulleiter oder die Schulleiterin ist im Schulgesetz nicht ausdrücklich formuliert. Jedoch ergibt sich diese aus der allgemeinen Verpflichtung des Schulleiter/der Schulleiterin, sich gemäß § 69 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 über den ordnungsgemäßen Ablauf der Unterrichts- und Erziehungsarbeit zu informieren.

Entsprechend wird auch in den Zuordnungsrichtlienien die “Durchführung von Unterrichtsbesuchen” als Aufgabe der Schulleitung nach § 69 Schulgesetz aufgeführt.

Die Zuordnungsrichtlinien sehen außerdem vor, dass bestimmte herausgehobene Funktionsträger innerhalb der Schule (z.B. Oberstufenkoordinator/in) im Rahmen ihres Aufgabengebietes Unterrichtsbesuche im Auftrag des Schulleiters/der Schulleiterin durchführen können.

Die Anlässe für Unterrichtsbesuche können ganz unterschiedlicher Natur sein.

Die der Schulleitung obliegende Gesamtverantwortung für die Arbeit der Schule sowie die Pflicht, für die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften zu sorgen, insbesondere eine einheitliche Leistungsbeurteilung sicherzustellen, können im Einzelfall Unterrichtsbesuche erforderlich machen, die über eine beratende und unterstützende Funktion hinaus auch der Kontrolle dienen.

Darüber hinaus ist der Schulleiter/die Schulleiterin aufgrund der im/ihr im Rahmen der Verwaltungsaufgaben zustehenden Weisungsbefugnis (§69 Abs. 4 Satz 1 SchulG) vorgesetzte(r) im beamtenrechtlichen Sinn und auch insoweit zu Unterrichtsbesuchen berechtigt.

Unterrichtsbesuche durch die Schulleitung können darüber hinaus auch zur Erstellung einer dienstlichen Beurteilung erfolgen.


Unterrichtsbesuche durch die Schulaufsicht

Gemäß § 106 Abs. 1 Satz 2 SchulG hat die Schulaufsicht im Rahmen ihrer fachlichen Aufsicht das Recht, jederzeit Unterrichtsbesuche durchzuführen.

Eine Verpflichtung der Schulaufsicht zur Durchführung eines Unterrichtsbesuchs kann ausgelöst werden durch entsprechende Hinweise von Eltern im Rahmen einer Beschwerde bzw. Widerspruch oder der Schulaufsicht auf andere Weise bekannt gewordene Fehlentwicklungen und Unregelmäßigkeiten.

Ob und mit welchem zeitlichen Vorlauf ggf. eine Ankündigung erfolgt, liegt in der Entscheidungsbefugnis des Schulleiters/der Schulleiterin bzw. der Schulaufsicht. Grundsätzlich dürfte es sich empfehlen, einen Unterrichtsbesuch innerhalb einer Frist von wenigen Tagen anzukündigen, wobei auch eine Ankündigung des Unterrichtsbesuchs für denselben Tag im Einzelfall zulässig sein kann. Ausnahmsweise können Unterrichtsbesuche auch unangemeldet stattfinden. Selbstverständlich kann die Lehrkraft darum bitten, den Termin des Unterrichtsbesuchs zu verschieben, wenn hierfür vernünftige Gründe sprechen; dazu kann auch der Hinweis auf eine ungünstige persönliche Disposition führen. Im Hinblick auf die gegenüber der Lehrkraft bestehende Fürsorgepflicht sollte dieser Bitte im Einzelfall entsprochen werden.

Ein Anspruch, für den Unterrichtsbesuch einen Beistand gemäß § 14 Verwaltungsverfahrensgesetz, einen Kollegen/eine Kollegin des Vertrauens aus der Schule oder ein Mitglied des Personalrates herbeizuziehen, besteht nicht. Es liegt in der Entscheidungsbefugnis des Schulleiters/der Schulleiterin bzw. der Schulaufsicht, ggf. auch Unterrichtsvorbereitungen bzw. Planungen zu verlangen, wenn es hierfür einen vernünftigen Grund gibt. Allerdings muss der Aufwand zum Anlass und Zweck des Unterrichtsbesuchs angemessen und verhältnismäßig sein. Ein aufwändiger Stundenentwurf, wie z. B. im Rahmen des Ausbildungsunterrichts im Vorbereitungsdienst, wäre bei einer Lehrkraft mit langjähriger Berufserfahrung nicht mehr verhältnismäßig.

Unterrichtsbesuche von Eltern

Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 SchulG ist es den Eltern gestattet, den Unterricht in der Unterrichtsgruppe zu besuchen, zu der ihr eigenes Kind gehört. Die Gestattung des Unterrichtsbesuches ist in der Weise festgelegt, dass der Besuch zwar im Einvernehmen mit der betreffenden Lehrkraft und unter Berücksichtigung der pädagogischen Situation der Klasse zu erfolgen hat, aber grundsätzlich zu gewähren ist. Dies ermöglicht der betreffenden Lehrkraft z. B. unter Hinweis auf die pädagogische Situation der Klasse einen Unterrichtsbesuch zu einem bestimmten Termin abzulehnen, räumt ihr jedoch nicht die Möglichkeit ein, ihn generell zu verweigern. Eine Verweigerung käme allenfalls dann infrage, wenn Eltern in der Vergangenheit durch ihr Verhalten die ordnungsgemäße Unterrichts- und Erziehungsarbeit in der Gruppe gestört haben und zu befürchten ist, dass dies beim Unterrichtsbesuch erneut geschehen wird. In einer solchen Situation kann der Schulleiter gefordert sein, den Konflikt zwischen den Eltern und betreffenden Lehrkraft durch seine Entscheidung zu lösen. Das Motiv des Gesetzgebers für eine solche Regelung ist offensichtlich vielschichtig. Anknüpfungspunkt ist die Unterrichtsgruppe des eigenen Kindes, so dass die Erwägung nahe liegt, der Unterrichtsbesuch habe seinen Sinn darin, die Situation und das Verhalten des eigenen Kindes in der Unterrichtsgruppe zu beobachten. Die Wahrnehmung und die Einschätzung der Unterrichtsarbeit der betreffenden Lehrkraft kann jedoch als eine weitere Erfahrung nicht weggedacht werden. Lehrkräfte, insbesondere solche, die mit Unterrichtsbesuchen ihre Probleme haben, werden in ihnen auch ein Instrument der Kontrolle ihrer Arbeit durch Eltern vermuten. Dies ist sicherlich nicht das Motiv des Gesetzgebers, aber ein hinzunehmender Effekt, der naturgemäß Nachfragen und Diskussionen über den Unterricht auslösen kann. Unstrittig werden auf diesem Weg Informationsrechte der Eltern gesichert und gewährleistet  und durch diese Öffnung die Obliegenheiten bzw. die Pflicht der Eltern, die Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schule zu unterstützen, gefördert. Sofern häufige Unterrichtsbesuche durch Eltern in der einzelnen Schule zu einem Problem werden, muss dieses Thema in den zuständigen Gremien sein.